Dienstag, 4. Dezember 2012

Schneeflocken

Es schneit. Vor meinem Fenster tänzeln grosse und kleine Flöckchen wild durcheinander und fallen gemächlich in Richtung Erdboden. Doch sie bleiben dort nicht liegen. Ihre feinen Verästelungen lösen sich auf und alles was übrig bleibt ist eine vor Nässe schimmernde Oberfläche. Es ist still. Und still sind auch meine Gedanken. Sie rieseln leise und unbemerkt an meinem Fenster vorbei und bleiben nicht liegen. Sie verschwinden - sie lösen sich auf.
Winter in meinen Gedanken wäre ein Geschenk, denn schon zu lange herrscht gähnende Leere.  Vielleicht auch ein strömender Regenschauer, denn meine Gedanken sind wie weg gewaschen. Wenn ich daran denke, wie sich noch vor nicht sehr langer Zeit die Schneeberge in mir auftürmten und die prächtigsten Landschaften formte, so bin ich heute mehr als enttäuscht. Enttäuscht, dass meine Schneeflocken nicht liegen bleiben wollen. Sie schmelzen. Und einzufangen vermag ich sie nicht. Sobald die Hand danach ausgestreckt ist und eine Flocke darauf landet, ist sie auch schon Vergangenheit. Nichts weiter als ein flüchtiger Gedanke, der nicht eingefangen werden will. Der nie eingefangen werden kann. Ich kann sie nicht dazu bringen in meinen Händen zu verweilen, darum muss ich ihnen beim Fallen zusehen. Zusehen wie sie vergehen.
Einzig die Hoffnung bleibt, dass irgendwann einer der Flocken liegen bleibt. Und wer weiss, vielleicht entsteht aus einer Flocke eine Winterlandschaft. 

Dienstag, 4. September 2012

Wie man lernt zu laufen

Es gibt Dinge, die lernen wir schon früh und ohne dies bewusst zu tun. Wir lernen laufen, lernen zu sprechen, lernen den Umgang mit anderen Menschen. Unsere Eltern haben uns nicht erklärt, wie wir uns auf die Beine stellen sollen, wie wir unser Gewicht so verteilen, dass wir nicht das Gleichgewicht verlieren. Auch wie man einen Fuss vor den anderen setzt musste uns keiner erzählen.
In der Schule gab es dann immer Lösungswege. Verschiedene Rechenwege, die man gehen konnte. Und hatte man einen eigenen Weg gefunden, der einem richtig erschien, wurde man darin bekräftigt, diesen auch weiterhin zu gehen.
Schliesslich kommt man in eine Phase, in der alle und jeder versuchen, dir etwas vorzuschreiben. Die Lösungswege in der Mathematik sind plötzlich zu schwer, um sie selbst anzugehen. Formeln sind der einzige Weg zum Ziel. Alles andere wird ausgeblendet, zentral ist nur, die Formel richtig einzusetzen. Dazu braucht es keine Überlegungen. Keine Erfahrungen.
Formeln sind jedoch ein Produkt von Überlegungen und Erfahrungen. (Jemand hat die sich ja ausgedacht!) Wer kann schon eine mathematische Formel problemlos verstehen und nachvollziehen? Eben weil es nicht auf unserem eigenen Mist gewachsen ist, können wir das, was dahinter steckt nicht sehen.
Das Gleiche gilt für echte Lebenserfahrung. Würde ich nach den Erzählungen, Ratschlägen, Anweisungen und eben Erfahrungen meiner Eltern, Verwandten oder Freunde leben, so würde ich bestimmt kaum Fehltritte begehen. Ich würde die vorgefertigte Formel einfach ausfüllen und entstehen würde eine Rechnung, die in den meisten Fällen aufgehen würde.
Eine Rechnung, die nicht mein Ergebnis ist. Was hätte ich daraus gelernt? Welche Schlüsse würde ich daraus ziehen? Und was würde ich alles verpassen?
Wenn jemand versuchen würde einem Kleinkind zu erklären, wie es einen Schritt vor den andern setzt, würde man diesen Jemand wohl für etwas abgedreht und übervorsorglich halten. Wir alle wissen, das Kind wird vielleicht hinfallen. Vielleicht wird es sich sogar weh tun, doch es wieder aufstehen und versucht es nochmals. Und irgendwann läuft es - alleine.

Sonntag, 6. Mai 2012

Ein Traum

Vor einigen Nächten hatte ich einen Traum. Es war einer der schönen, einer, aus dem man nicht erwachen möchte. Einer dieser seltenen Träume.
Ich sass nur da. Auf der Veranda eines kleinen Häuschens, aus roten Steinen und blickte auf den See, der still da lag. Ich sass auf dem warmen Holzboden der Veranda, mit dem Rücken gegen die Hauswand gelehnt und spürte den Wind der sanft über meine Haut schlich. Da war nichts. Nichts ausser Ruhe, Freiheit und dem Bedürfnis für immer still da sitzen zu können..
Doch jeder Traum hat ein Ende und dieses kam zu schnell.

Aber ich habe etwas gefunden, das mich wieder zurück in den Traum führt..

Sonntag, 15. April 2012

Denn alle wollen erwachsen werden

Als Kind hat man viele Wünsche. Man wünscht sich das Puppenhaus aus der Werbung, einen Ausflug ins Disneyland, ein Fahrrad. Man wünscht sich Astronaut zu werden, fliegen zu können, Prinzessin zu sein. Man wünscht sich aber auch, erwachsen zu werden.

Wir wünschen uns nichts sehnlicher als gross zu sein. Wir haben die grossen Leute bewundert, dafür dass sie Auto fahren, Geld verdienen, Kinder bekommen, machen können was sie wollen. Was dürfen Erwachsene schliesslich nicht alles, was Kinder nicht dürfen? Immer wieder hören Kinder, tu dies nicht, mach das nicht, dafür bist du noch zu Jung, das verstehst du noch nicht, wenn du gross bist darfst du das auch, und so weiter. Erwachsene sind ein grosses Geheimnis und machen allerlei Dinge, von denen Kinder nur träumen können. Und dann werden Kinder grösser..

Sie werden erwachsen. Doch was bedeutet das?
Es bedeutet sich anzupassen. Es bedeutet vieles nicht mehr zu tun, was doch immer am meisten Spass gemacht hat:
In Pfützen springen, Süssigkeiten essen bis einem davon schlecht wird, einen Purzelbaum auf einer Wiese zu schlagen, im Schnee einen Schneeengel machen und danach eine Schneeballschlacht zu veranstalten. Die Hände in Farbe tauchen und die Wände verunstalten, laut auf der Strasse und in der Strassenbahn ein Liedchen trällern, laut loslachen wenn einem danach ist und zu weinen wenn man weinen möchte, schläft wo und wann man müde ist.
Wir sind erwachsen, darum müssen wir uns auch wie solche benehmen. Wir sind anständig mit anderen Leuten, auch wenn wir sie nicht mögen, machen seriöse Dinge, weil unseriöses nicht gerne gesehen wird, gehen arbeiten, wir überdenken alles zwei Mal, wir handeln vernünftig.

Wir springen nicht mehr in Pfützen, denn das tun Erwachsene nicht.
Wir wälzen uns nicht im Dreck, denn das tun Erwachsene nicht.
Wir lachen nicht über alles und jeden, denn das tun Erwachsene eben nicht.

Was tun Erwachsene dann? Sie benehmen sich erwachsen...
Wann genau haben wir uns dazu entschieden, all das fantastische aus unserem Leben zu verbannen?

Samstag, 4. Februar 2012

Von Lieblingen und jenen, die es eben nicht sind

Jeder hat irgend ein Lieblingsbuch. Man nimmt es gerne zur Hand, beschäftigt sich gerne damit und verbringt liebend gerne die Zeit mit ihm. Vielleicht fühlt man sich sogar wohl, wenn man es irgendwo um sich herum liegen hat. Man beschäftigt sich intensiv mit ihnen und kann sich genaustens daran erinnern.
Und dann gibt es andere Bücher. Man liest sie zwar gerne, aber sie werden einem nie richtig in Erinnerung bleiben. Man nimmt sie ab und zu hervor, liest einige Seiten, um sich zu beschäftigen, um sich zu amüsieren, doch dann stellt man sie wieder ins Regal. Erinnert man sich an sie? Irgendwann nimmt man es wieder in die Hand und fragt sich, wo genau man stehen geblieben ist. Irgendwo fängt man dann an zu lesen, weil man die Hälfte wieder vergessen hat. Ganz im Gegensatz zu den Lieblingen. Dort wird nichts vergessen..

Und jene, die es nicht sind warten auf Anerkennung, denn obwohl sie schon ganz abgegriffen sind, können sie nicht mithalten.. Und da frage ich mich, wie man da jemals zum Lieblingsbuch werden kann.. geht das überhaupt?