Donnerstag, 31. Dezember 2009

Das Schicksal der Vorsätze


"2010 werde ich aufhören zu rauchen."
"Ich möchte 30 Kilo abnehmen."
"Ich werde mich voll und ganz auf meine berufliche Karriere konzentrieren."

Gute Vorsätze, wohin man auch hört. Kein Wunder, denn das neue Jahr beginnt bereits in wenigen Stunden. Wer noch keine guten Vorsätze hat, kommt spätestens jetzt ins grübeln. Doch für was sind sie gut, die guten Vorsätze?

Da nimmt man sich vor, mit dem Rauchen aufzuhören, wollte es aber doch schon seit einem halben Jahr aufgeben. Die 30 Kilo zuviel stören schon seit der Badesaison und die Karriere wartet schon lange auf einen Anstoss. Aber im nächsten Jahr wird alles besser und bis dahin läuft alles im Gewohnten Trott. Man verlässt sich schliesslich auf das nächste Jahr, denn dann wird alles besser.
Und dann wird alles gut. Man hält seine Vorsätze ein und wird ein glücklicherer Mensch. Dafür sind die Vorsätze schliesslich da!

So hätte man es gerne. In Wahrheit merkt man, dass man die tägliche Ration Qualm braucht um die Sorgen und den Stress aus der Seele zu brennen, dass das Fitnesscenter, das immer von gutaussehenden Blondinen und muskulösen Kerlen gut besucht ist, nicht zu einem nach Hause kommt und einem einen Arschtritt verpasst. Selbst die Karriere, die man in Gang bringen wollte, bleibt auf der Strecke, weil man zum Bowling eingeladen wurde und einfach gerne eine Auszeit einlegt, wenn der Tag zuende ist - man ist schliesslich kein Workoholic.
Wenn sich dann ganz leise das Gewissen hörbar macht, dann schaltet man eben die Musik oder den Fehrnseher lauter, ganz nach dem Motto:

Was du heut nicht kannst besorgen, das verschiebe ruhig auf morgen.

Das Jahr hat ohnehin 365 Tage, warum also alles sofort ändern? Wenn man alles gleich erledigt, was hat man denn dann das restliche Jahr noch zu erreichen?
Und so verstreichen 364 Tage, ohne eines der Ziele erreicht zu haben. Am 365 Tag (spätestens dann) nimmt man sich etwas Neues oder Unerreichtes vor - denn was wäre ein neues Jahr, ohne vorherbestimmtes Scheitern?

Somit wünsche ich allen einen guten Rutsch ins 2010 und ein frohes Scheitern!

Sonntag, 20. Dezember 2009

Oh du Schreckliche!

In vier Tagen ist Weihnachten und ich kann es jetzt schon nicht mehr sehen. Die ersten Auslagen von weihnachtlichem Dekoschnickschnack fand man bereits vor Halloween in den Geschäften, ein Muss für jeden Weihnachtsfanatiker, doch für mich, als bekennender Weihnachtsfeind, nichts mehr, als eine Katastrophe im Lamettakleid. Ich könnte mit Weihnachten leben, hätte ich nicht das Gefühl, dass das Fest der Liebe zu einer Geschenkpapierschlacht, begleitet von schrägem Gejaule und unvollständigen Texten (denn wer kann die Texte schon ganz?), verkommen ist.
Wie gesagt gehöre ich zu den Weihnachtsfeinden. Das liegt vor allem daran, dass ich eine ausgesprochen tüchtige aber liebenswerte Weihnachtsfanatikerin als Mutter habe. Es gibt scheinbar vier Weihnachtstypen (wobei ich mir sicher bin, dass man bestimmt noch weitere Typen finden kann):

  • Der Weihnachtsfanatiker, der erst aufblüht, wenn Weihnachten vor der Türe steht. Die Welt kann für diese Typen vor dem Fest nichts kitschig genug sein. Alles muss glänzen und glitzern, ein Tannenbaum muss schnellstmöglich her und reichlich behangen werden, Weihnachts-CD's müssen mindestens 15 Stück vorhanden sein und durchgehend gespielt werden, während die Weihnachtsbäckerei unerbittlich arbeitet.

  • Der Weihnachtsgeschenke-Sammelfreund liebt Weihnachten, denn da kann er die meisten Geschenke einheimsen. Für ihn gibt es nichts schöneres, als zu Weihnachten richtig schön beschenkt zu werden. Dafür nimmt er das ganze Tam-Tam in kauf, sogar die Lieder, die im Radio auf und ab gespielt werden, können ihm nichts anhaben, denn Weihnachten ist irgendwann auch vorbei. Leider müssen sie dann wieder ein volles Jahr warten, bis sie mit Geschenken überhäuft werden. Und darauf freuen sie sich schon jetzt.

  • Der Weihnachtsfeind betrachtet das ganze Fest von aussen. Er gibt sich keiner Weihnachts-Euphorie hin, wie die anderen Typen, und lässt sich auch nicht von anderen dazu hinreissen. Dies kann aus verschiedenen Gründen so sein. Entweder er hat jemanden des Weihnachtstypen der Kategorie 1 in der Familie, der andauernd an den Nerven knabbert, wie an einem Lebkuchenhäuschen, weil die Lichter noch nicht richtig hängen, die Kugeln unauffindbar sind, oder die Geschenke noch verpackt werden müssen, die der Weihnachtsfeind noch nicht einmal besorgt hat. Möglich ist aber auch, dass er einfach kein Freund von Geschenken ist. Er schenkt nicht gerne, bekommt aber auch nicht gerne ein Aufreisspacket zum Freuen oder so tun als ob. Er betrachtet das Fest als reine Geldmache und wünscht sich (wenn überhaupt) den eigentlichen Sinn des Festes zurück.

  • Der Zu-Weihnachten-bin-ich-so-alleine-Typ verfällt jedes Jahr aufs neue in eine Weihnachtsdepression, weil er sich alleine fühlt und nur allzugerne jemanden an seiner Seite hätte, mit dem er ganz besondere Weihnachtsgeschenke austauschen könnte (darauf eingehen möchte ich hier lieber nicht).


Diese verschiedenen Typen aller Kategorien tun sich jede Weihnachten zusammen (gewollt oder ungewollt), um das heilige Fest zu zelebrieren. So auch dieses Wochende. Und ich war dabei.
Ich habe also gerade den ersten Weihnachts-Geschenke-Feldzug hinter mich gebracht. Begonnen hat alles mit mir und drei weiteren erbitterten Sängerinnen, die versuchten, die Meute hungriger Geschenktbestreiter an den wahren Sinn Weihnachtens zu erinnern. Da auch wir die Texte nicht ganz zu singen vermochten, wurde von jedem Lied, das uns in den Sinn kam, die erste Strophe gesungen, gefolgt von eimer lalalalalatisierten Melodie. Jegliche Bemühung unserer Mission blieben erfolglos und endete mit dem Satz: "Papa, wann dürfen wir endlich die Geschenke auspacken?"
Das Rascheln des zerreisenden Papiers erfüllte von nun an den Raum, durchbrochen von erstaunten "Oh's" und "Ah's", erfreuten "Wow" und "Toll's", bishin zu kopfschüttelnden "Du bist ja verrückt's" (ganz egal ob nun gespielt oder echt). In dieser Zeit brannten die Kerzen des unbeachteten Tannenbaumes langsam und unbemerkt herunter. Einzig einige Weihnachtsfanatiker bewunderten den liebevoll geschmückten Nadelbaum, während sie ihre Auspackpäckchen verteilten, als könnten es sich die Päckchen anders überlegen und sich in Luft auflösen.
Als die Schlacht geschlagen war, zog man sich zur allgemeinen Stärkung zum vollen Buffet zurück. Was schlussendlich unter dem geschmückten Tannenbaum zurückblieb, war nur das obligaltorische Schlachtfeld aus Verpackungsmaterial und liegengelassenen (natürlich ausgepackten) Geschenken.

In diesem Sinne bleibt mir nur noch eines zu sagen: Oh du Schreckliche.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Sturm und Drang

"Der Mensch wird frei geboren, aber überall liegt er in Ketten.", sagte Rousseau und bringt damit das Gefühl einer ganzen Epoche zum Ausdruck. Und nicht nur jenes, nein, auch das meine. Ich habe immer wieder das Gefühl, in Ketten zu liegen. Und sie zu sprengen, zumindest einen Teil davon, erscheint mir erstrebenswert. Seit kurzer Zeit scheint dieses Bedürfnis stärker geworden zu sein, denn je. Deswegen fühle ich mich verpflichtet, es hier zu schildern, da ich glaube, dass ich nicht das einzige menschliche Wesen bin, das genau das empfindet.
Ich benenne dieses Gefühl, nach der Epoche Sturm und Drang, dessen Kernsatz jener Rousseaus ist. Warum ich ihn so nenne? Das will ich niemandem länger vorenthalten.
Es ist ein Drang, der in einem aufkommt, wenn man etwas wirklich will, es begehrt und es nicht ganz und gar unerreichbar scheint. Das Gefühl, etwas zu wollen und zwar sofort oder immerhin in absehbarer Zukunft. Es ist der Sturm, der in einem wütet und dem Leben einen Hauch der Frische, aber auch der Zerstörung gibt. Zerstörung, weil alles Gute auch etwas Schlechtes hat, somit auch die Erneuerung etwas zerstörerisches an sich haben muss. Alte Mauern müssen eingestürzt werden, um auf dessen Grund etwas Neues errichten zu können. Die Steine wieder aufeinander zu türmen braucht leider Zeit - Zeit, die man so schnell als möglich überbrücken möchte. Vielleicht könnte man es auch Sehnsucht nennen, würde es sich nicht irgendwie anders anfühlen. Doch was ist Sehnsucht schon im Vergleich zu Sturm und Drang?
Die Ketten zu lösen, unabhängig und frei zu sein, das ist es, was mein Sturm und Drang ist. Doch wie soll ich das bewerkstelligen? Leider sind meine Mittel dürftig, also werde ich mich noch eine Weile mit dem Sturm und Drang auseinandersetzen müssen - In Hoffnung die Ketten zu lösen.